Luftbild Outback fahren full

Ab durchs Outback

Nach einer längeren Fahrt kamen wir wie geplant im sympathischen Bright an. Es war angenehm warm hier in den Alpen Victorias und wir freuten uns schon auf die kommenden Tage. So fuhren wir guten Mutes noch die letzten zwanzig Kilometer ins weiter hinten im Tal gelegene Harrietville zur Unterkunft. Doch nach dem Einchecken folgte die Ernüchterung. Bei unserem kurzen Check im Internet zu Bright und Umgebung mussten wir feststellen, dass eine Wetterfront im Anmarsch war. Dicke Regenwolken würden am nächsten Abend bei uns ankommen und wohl länger an den Bergen rund um Bright hängenbleiben. Wir entschieden uns, nach den zwei im Voraus gebuchten Nächten gleich wieder weiter zu fahren. Wohin war schnell klar. Ins Outback!

Auf der Karte hatten wir eine unbefestigte Strasse entdeckt, welche über rund 900km dem Darling River entlang von Wentworth flussaufwärts nach Bourke führt. Gut, Wentworth liegt jetzt nicht unbedingt auf dem Weg von Bright nach Norden, aber da all die bekannten Outbacktracks noch viel weiter entfernt sind, waren wir gerne bereit, für diesem Trip einen Schlenker übers Landesinnere zu machen.

Darling River Run Karte
Darling River Run

Im Wentworth blieben wir gleich mehrere Tage, um uns auf unser Abenteuer im Outback vorzubereiten. Im Tourist Information Centre vom benachbarten Mildura deckten wir

Perry Sandhill Ausschnitt
Neben dem Shoppen blieb noch Zeit, die Perry Sandhills zu besuchen.

uns mit Prospekten zu den Nationalparks entlang des Darling River ein und liessen uns zu unserer Idee beraten. Wie sich herausstellte, findet sich die von uns ausgedachte Route auf so mancher australischen Bucket List. Ihr Name: Darling River Run. Zu beachten: Alles unbefestigte nach Regen unpassierbare Strassen, kein Handyempfang, aus Sicherheitsgründen nicht wild campieren, Dauer etwa eine Woche. Alles klar!

Als nächstes folgten einige Shoppingtouren in alle möglichen Läden, bis wir schliesslich unsere Expeditionsausrüstung zusammen hatten. Neben einer kompletten Campingausrüstung und Wasser respektive Essensvorräten für acht Tage besorgten wir

  • drei Angelruten, Blei, Haken und eine Dose Würmer
  • Fishing Permit für New South Wales, online gelöst
  • Haupt- und Zusatztank mit total 135l Diesel randvoll gefüllt, je 5 Liter Motorenöl und Kühlflüssigkeit
  • Hema Explorer App zum offline Navigieren mit dem Handy-GPS (Open Street Map hatte ich einfach nicht zum Laufen gebracht). Die Karten sind zwar nicht sonderlich hoch aufgelöst, enthalten aber sämtliche Strassen und die allermeisten Tracks, sowie viele praktische Points of Interest.

Am 18. April war es dann soweit. Wir fuhren aus der Zivilisation hinaus ins Outback.

Tag 1 – Mungo National Park

Bei Mildura überquerten wir den Murray River und fuhren unsere ersten 100km auf Gravel Roads zum Mungo National Park. Es war anfangs doch ein ungewöhnliches Gefühl, auf unbefestigtem Belag mit zwischen Schotter, roter Erde und weichem Sand wechselnder Oberfläche die erlaubten 100 km/h auszureizen. Die wenigen Autos, die uns begegneten, zeigten uns allerdings, dass das ganz gut geht und so folgten wir ihrem Beispiel. Nach einer Weile verlangsamten wir nur noch bei Kuhrosten oder wenn uns ein Roadtrain entgegenkam.

Walls of China Düne Mungo NP
Die Walls of China genannte Düne am Mungo Lake.

Den Mungo Nationalpark erkundeten wir nach dem Mittagspicknick, welches wir mit ein paar lästigen kleinen Fliegen teilen mussten. Am Rand des heute ausgetrockneten Lake Mungo hatte sich über tausende von Jahren eine bizarre sichelförmige Sanddüne aufgebaut. Seit dem letzten Austrocknen nahm die Erosion überhand und diverse frühe Spuren menschlicher Besiedlung kamen zum Vorschein. Unter anderem die Skelette zweier vor 40‘000 Jahren rituell beerdigter Menschen. Für uns bot der ausgetrocknete See noch eine andere Attraktion. Zum ersten Mal kamen wir auf Fotografierdistanz an Kängurus heran!

Am Abend bauten wir unser Zelt auf dem Campground des National Parks auf, kochten unseren ersten Campingznacht und genossen danach den dank fehlender Lichtverschmutzung beeindruckenden Sternenhimmel. Unglaublich!

Sternenhimmel Outback
traumhafter Sternenhimmel

Tag 2 – die lange Fahrt auf der Old Pooncarie Road

Für den zweiten Tag hatten wir uns eine Strecke von 280km vorgenommen. Pünktlich zum Mittagessen erreichten wir das kleine Dorf Pooncarie. Zum Kaffee besuchten wir das Old Wharf Cafe, welches sich als kleine Oase am Darling mitten in the Bush entpuppte.

Emu am Strassenrand
Ein Emu im Busch

Die Fahrt am Nachmittag war ein Genuss. Wir nahmen die seltener befahrene Old Pooncarie Road nach Menindee. Uns begegneten viele Kängurus, Emus und wilde Ziegen, aber kaum mehr als ein anderes Auto pro Stunde. Die Weite dieser Wildnis ist schlicht atemberaubend. Ein besonderer Moment war, als beim Durchfahren des Kinchega National Parks plötzlich der Lake Cawndilla am Horizont auftauchte. Am Ufer grasten unzählige Emus, jede Menge Pelikane beobachteten die Wasseroberfläche und ein Schwarm von weissen Reihern zog vorbei.

Am Abend schlugen wir unser Zelt auf dem Copi Hollow Caravan Park auf.

Tag 3 – Fischen

Da wir endlich unsere Angelausrüstung testen wollten, bot es sich an, eine Fahrpause einzulegen und einen Tag lang einfach nur am Fluss zu sitzen. Ohne wirklich eine Ahnung vom Fischen zu haben, knüpften wir irgendwie Blei und Haken an die Angelruten, machten je einen Wurm dran und warfen unsere Köder aus.

Fischen am Darling
Und wir sassen geduldig am Ufer.

Während wir auf den ersten Biss warteten, studierten wir die Süsswasserspeisefische auf dem grossen Aufkleber, den uns die Dame von der Tourist Information mitgegeben hatte. Und dann geschah… nichts. Wir sassen und warteten stundenlang. Wir wollten schon zusammen packen, als plötzlich doch noch etwas kräftig an der Rute zupfte. Tatsächlich! Ein Fisch hatte angebissen. Ein kurzer Kampf und unser erster Fang lag vor uns. Es war ein europäischer Karpfen. Klingt gut, ist es aber nicht. Die Viecher sind in Australien eine Pest Species, also invasive Neozoen und nicht geniessbar. Man darf sie zudem nicht zurück ins Wasser werfen, sondern muss sie töten und ersorgen. Na toll. Eigentlich müssten die hier Zivis zum Fischen von Karpfen einsetzen. Wie auch immer. Angespornt von unserem ersten Fang warfen wir weiter unsere Köder aus. Und prompt biss noch ein Fisch an. Stolze 50cm mass er, der zweite Fang – und war wieder ein Karpfen. Wir gaben schliesslich auf, fuhren zum Camping zurück und kochten Büchsenravioli. 🙂

Tag 4 – es wird so richtig einsam

Eigentlich wäre Wilcannia distanzmässig ein ideales Ziel für Tag vier gewesen. Doch in Mildura hatte man uns gesagt, Wilcannia habe eine certain reputation und wir sollten besonders in dieser Gegend nur auf einem Caravan Park oder einem offiziellen Campingplatz übernachten. Also brachen wir diesmal früher auf und erreichten dadurch Wilcannia schon am frühen Nachmittag. In einem kleinen Café verpflegten wir uns mit Burgern und Kaffees. Beides können die Australier übrigens richtig gut.

Coaches and Horses Campground
Weit weg von allen anderen auf dem Coach and Horses Campground

Am Nachmittag fuhren wir weiter bis zum Coach and Horses Campground im Paroo-Darling National Park. Wie sich herausstellte, handelte es sich nicht um einen Campingplatz im europäischen Sinn, sondern um einen einfachen Zeltplatz mit Plumpsklo und Überwachungskamerahinweisschild. Und da waren keine Kutschen, keine Pferde und keine anderen Camper. Nur wir und der Darling River.

durstige Kängurus
durstiger Besuch am Fluss

Das abendliche Fischen war wenig erfolgreich. Bis auf einen Karpfen biss nichts an. Dafür erhielten wir überraschend Besuch am Fluss. Ein paar durstige Kängurus kamen an ihre gewohnte Wasserstelle gehüpft. Als sie uns da entdeckten, schauten sie uns verdutzt an. Wir schauten verdutzt zurück und fragten uns, ob Kängurus gefährlich werden können, wenn man ihnen zu nahe kommt. Doch sie entschieden sich, uns zu ignorieren und wie geplant zu trinken. Gut. Aber etwas anderes machte uns das Entspannen  trotzdem schwer. Unzählige dieser extrem aufdringlichen kleinen Sandfliegen schwirrten unablässig um unsere Köpfe. Richtig unschön ist ihre Angewohnheit, Höhlen zu suchen. Denn dabei machen sie auch vor Nasen, Ohren und offenen Mündern nicht halt. Glücklicherweise verschwanden sie, kaum war die Sonne untergegangen. Und mit dem Verschwinden von Sonne und Sandfliegen kehrte umgehend Stille ein. Keinerlei Zivilisationsgeräusche, keine anderen Leute, keine Grillen oder sowas, nichts war mehr zu hören. Zu sehen waren nur noch die Sterne. Langsam beschlichen uns mulmige Gefühle. Da! In der Ferne blitzte ein Licht auf. Was war das? Doch nicht eine Taschenlampe, oder? Noch ein kurzes Aufleuchten. Wir starrten ohne ein Wort zu sagen in die Dunkelheit. Und noch ein Aufleuchten! So wie es aussah, waren es Wetterleuchten irgendwo im Norden. Es war nicht viel später als acht Uhr als wir uns schlafen legten. Oder es zumindest versuchten.

Tag 5 – die sechste Generation

Obwohl wir kaum geschlafen hatten, freuten wir uns über das erste Vogelgezwitscher am frühen Morgen und assen ausgesprochen gut gelaunt/erleichtert ein paar Scheiben weichen Toast mit Honig. Die nächste Nacht würden wir auf einem Caravan Park oder ähnlichem Campieren, so viel war klar. Also visierten wir die 163km entfernte ehemalige Schafzüchterfarm „Trilby Station“ an. Heute kann dort auf privatem Gelände direkt am Fluss campiert werden. Ausserdem werden Duschen, Strom und sogar ein Swimmingpool angeboten. Unterwegs sahen wir wieder viele Tiere. Leider lagen nicht gerade wenige davon tot am Strassenrand. Wie es scheint, wird im Outback nicht gebremst für Tiere. Obwohl es eigentlich gut möglich sein sollte. Traurig.

Tilpa Hotel
Pit Stop beim Tilpa Hotel

Im neun Seelendorf Tilpa legten wir einen kurzen Stopp ein und gingen auf ein kühles Getränk ins Hotel. Die Barkeeperin im Pub war eine junge Irin, die dank dem Barjob ein Arbeitsvisum erhalten hatte und gegen Ende Jahr herumreisen wollte. Ich fragte mich, wie man bloss auf die Idee kommen kann, in einem winzigen staubigen Dorf weit weg von jeglicher Zivilisation für mehrere Monate arbeiten zu wollen. Wie wir später herausfanden, waren es hauptsächlich ausgewanderte Iren, welche im Umkreis der nächsten 200km die Aborigines verdrängt und die Handvoll Dörfer gegründet hatten. Die Söhne der Patronin, welche Drogheda, pardon, die Trilby Station heute führt, sind Nachkommen in der sechsten Generation eines dieser Gründerväter. Wie viele Generationen der Barkindji People vor ihnen hier gelebt haben, scheint nicht von Bedeutung zu sein. Übrigens, Aborigines ist ein Sammelbegriff für alle Völker, die bereits vor der Ankunft der Briten, Schotten und Iren in Australien gelebt haben. Unser Pendant zu Aborigines ist Europäer.

Black Cocky
Ein Red-tailed Black Cockatoo

Nichts desto trotz hatten wir einen guten Aufenthalt auf der Trilby Station. Wir versuchten uns im Fangen von Flusskrebsen mittels Reusen, beobachteten die seltenen Black Cockatoos und sassen am Abend, als sich die lästigen Sandfliegen endlich verzogen hatten, gemütlich ums Lagerfeuer und assen Chilli con Carne aus der Büchse. Naja, mit den Reusen hatten wir leider keine Yabbies sondern nur kleine Schlammskrebschen und eine Schlangenhalsschildkröte gefangen. Dafür schliefen wir diese Nacht tief und fest.

Tag 6 – Gundabooka National Park

Bevor wir in Bourke wieder zurück in der Zivilisation sein würden, wollten wir noch durch den Gundabooka National Park fahren. Und es hatte sich gelohnt!

Gundabooka Range
Die Gundabooka Range

Die Vegetation war gleich deutlich üppiger und schöner, vom Fuss des Mt. Gundabooka aus bot sich eine atemberaubende Aussicht über die Eukalyptuswälder des Outbacks und die Felszeichnungen an einer anderen Stelle in der Gundabooka Range waren echt beeindruckend. Wir entschieden uns sogar trotz der mittlerweile in schwarzen Schwärmen vorhandenen Sandfliegen – irgendwie waren es immer mehr, je näher wir Bourke kamen – noch für eine weitere Nacht unser Zelt aufzuschlagen und noch einmal die Stille und das Sternenzelt einer Outbacknacht zu geniessen.

Petroglyphen
Petroglyphen

Tag 7 – Back o‘ Bourke

Noch vor dem Mittag erreichten wir Bourke und damit wieder asphaltierte Strassen. Bourke war auch grösser als die Ortschaften, die wir während der letzten Tage gesehen hatten. Viel mehr als eine Ahnung von Zivilisation war das allerdings nicht, eher ein etwas grössere Dorf im Outback am westlichen Rand des Farmlandes. Jetzt verstanden wir auch die australische Variante von „am A… der Welt“. „Back o‘ Bourke“ also hinter Bourke ist wirklich nicht mehr viel zu finden.

Back o Bourke
Back o Bourke

Wir hatten uns auf was anderes eingestellt. Und wir hatten genug von Sandfliegen, Campingmatten und einfacher Küche. Also fuhren wir weiter.

Kurz vor Sonnenuntergang erreichten wir Brewarrina. Wir hatten Glück und konnten bei Beds on the Barwon das letzte Bungalow ergattern. Endlich wieder ein richtiges Bett!

Endstation Brewarrina
Für dieses Auto war Endstation in Brewarrina

Tag 8 – Walgett

Gemäss dem Flyer, den wir in Mildura erhalten hatten, wird das Teilstück von Bourke über Brewarrina bis nach Walgett auch zum Darling River Run gezählt, auch wenn der Fluss hier offiziell den Namen Barwon trägt. Nun gut. In dem Fall erreichten wir das Ende der Route am achten Tag.

Wir fuhren aber gleich weiter. Wir wollten an die Küste irgendwo in die Gegend rund um Byron Bay. Mit diesem Ziel vor Augen liessen wir unser Auto laufen bis wir am späten Nachmittag schliesslich Moree erreichten. Doch in Moree waren die Caravan Parks alle ausgebucht. Es war ANZAC Day und Moree als einzige grössere Stadt weit und breit veranstaltet besonders grosse Feierlichkeiten zu diesem nationalen Feiertag. Wir wollten erst gar nicht versuchen, ein (für fünf sowieso teures) Hotel zu finden. Also nahmen wir nochmals 140km unter die Räder und klopften bei einem Caravan Park in Inverell an. Wir hatten Glück und erhielten eine Cabin. Am nächsten Tag fuhren wir durch, bis wir schliesslich die Küste erreichten. Die Fahrt war lang aber landschaftlich ein Traum. Die Vegetation änderte sich von dürren Outback  Stauden über Kornfelder und Nadelwälder bis hin zu Regenwäldern. Unser Weg führte uns über sanfte Hügel, durch den Gibraltar National Park über die Great Dividing Range hinunter ins feuchte Schwemmland an der Küste.

 

4 Kommentare

  1. Happy Birthday, lieber Remo! Ich wünsche dir heute etwas Geniessbares an der Angel – und der ganzen Familie viele weitere tolle Erlebnisse.
    PS: Bis du zurück bist, ist die Anerkennung für einen Zivi zur Neozoten-Bekämpfung im Rahmen der humanitären Hilfe aufgegleist 😉

    1. Hallo Matthias!
      Herzlichen Dank für die Glückwünsche! Statt Geniessbarem an der Angel gab es heute bunte Fische vor der Linse beim Schnorcheln. 🙂
      Liebe Grüsse in die Schweiz!

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